Philipp Neumann: Klassische Gitarre spanischer Bauart mit Baßreflex-Prinzip

Philipp Neumann: Klassische Gitarre spanischer Bauart mit Baßreflex-Prinzip

Philipp Neumann: Klassische Gitarre spanischer Bauart mit Baßreflex-Prinzip
  Philipp Neumann

Klassische Gitarre spanischer Bauart mit Baßreflex-Prinzip



Ein Ziel des Zupfinstrumentenbau-Studiums ist es, die klanglichen Möglichkeiten der Gitarre weiterzuentwickeln. Aber anders als im traditionellen Gitarrenbau nimmt man nicht nur bewährte Modelle bekannter Meister und paßt diese durch entsprechende Ausarbeitung der Holzstärke an die jeweiligen Holzeigenschaften an, sondern geht einen Schritt weiter und überdenkt die gesamte Konstruktion der Gitarre neu. Mit Hilfe von physikalischen Kenntnissen und Messungen können die traditionellen Bauweisen überprüft und verbessert werden. Auf diese Weise finden auch "neue", akustisch geeignete Materialien und Konstruktionen im Gitarrenbau Verwendung.

Unter der Voraussetzung, daß alle Änderungen die gewohnte Gitarrenform nicht wesentlich verändern sollten, um nicht sofort auf Ablehnung konservativer Musiker zu stoßen, entstand vorliegende Semesterarbeit: eine klassische Gitarre spanischer Bauart mit Baßreflex-Prinzip.

Ausgehend von der Tatsache, daß eine Gitarre lediglich die Frequenzen der Saiten aufgrund ihrer Resonanzeigenschaft verstärkt, ist sie nicht in der Lage, den Grundton der Baßtöne mitzuverstärken, da ihr Frequenzspektrum oberhalb der tiefsten Töne beginnt (E-Saite: 82.41 Hz; 1. Resonanz der Gitarre: ca. 90 – 120 Hz). Verstärkt wird dieser Effekt des fehlenden Baßgrundtons bei Stimmungen, in denen die E-Saite auf D gestimmt wird.

Im Zuge dieser Überlegungen schien es interessant, das aus der Lautsprechertechnik bekannte System der Baßreflexbox zu modifizieren und in eine Gitarre einzubauen. Somit kann die Hohlraumresonanz ohne Volumenvergrößerung tiefer in den benötigten Baßbereich gelegt werden und über die Länge des Baßreflexrohres mit Hilfe von Messungen fein auf die Baßtöne abgestimmt werden.

In diesem Fall sind die zwei Schallöcher in der Taille mit Außen- und Innenzarge als Wandungen die Baßreflexrohre. Gleichzeitig erhält man so eine größere schwingende Fläche, die nicht durch ein Schalloch in der Mitte unterbrochen wird.

Optisch bleibt die typische Achtform der Gitarre bestehen, da die dezent gearbeiteten Außenzargen zuerst nicht wahrgenommen werden. Die Spielhaltung wird durch die weite Taille nicht beeinflußt.

Beim Zusammenbau wurden die Rohre länger gelassen, der Boden provisorisch aufgeleimt und eine FFT-Analyse durchgeführt. So ergab sich langsam nach etlichen Wiederholungen dieses Vorgangs die gewünschte Hohlraumresonanz von 82,5 Hz.

Der erzielte Klang unterscheidet sich deutlich von traditionellen Gitarren: Der Baß ist voller und gleichmäßiger über alle Baßtöne, durch die Baßreflexrohre wird der Klang indirekter und ähnelt dem einer Laute.

Die Gitarre ist rechtlich vor unauthorisiertem Nachbau geschützt.



Das Instrument wurde 2005 auf der Internationalen Handwerksmesse München mit dem "TALENTE-Preis für Technik" ausgezeichnet.
 
© Philipp Neumann 2005   |   Aufnahmen: Miriam Zedelius   |   E-Mail: Philipp Neumann
       
       
       
    Studiengang Musikinstrumentenbau Markneukirchen