Richard Jacob – Anmerkungen zur Biographie
Angela Waltner
Richard Jacobs Bedeutung als herausragender Gitarrenbauer des 20. Jahrhunderts gründet sich in einer Vielzahl von Einflüssen, Traditionsbezügen und kreativen Konzepten. Kann als Ausgangspunkt seiner Entwicklung die relativ autarke Gitarrenbautradition im sächsischen Vogtland gelten, so erlangt er schon früh eine Individualität, die ihn nicht nur als hervorragenden Handwerker ausweist, sondern auch als scharfsinnigen Beobachter und unermüdlich Suchenden. Mit geistiger Mobilität, Interesse an der internationalen Entwicklung der Gitarre und Sinn für künstlerische Arbeit schuf er ein Lebenswerk, das an Vielfältigkeit unter Gitarrenbauern seinesgleichen sucht, jedoch zugleich einheitlichen Charakter zeigt.
Richard Jacob (1877-1960); Aufnahme um 1955
Das Schaffen von Richard Jacob läßt sich in drei Perioden einteilen (vgl. Martin Jacob 1988):
- Richard Jacob begann im Jahre 1905 die selbständige Tätigkeit als Instrumentenbauer. Die ersten Jahre waren eine Zeit des Suchens. Er zog Instrumente der vergangenen Jahrhunderte, hauptsächlich der Biedermeierzeit, als Vorbilder heran, wandelte sie ab und experimentierte vor allem mit Formen, Materialien und Konstruktionsarten.
- Eine zweite Schaffensperiode begann mit dem Gastieren spanischen Gitarristen wie Miguel Llobet und Andres Segovia in Deutschland anfangs der zwanziger Jahre. Durch diese Künstler wurde in Deutschland die von Antonio de Torres ausgehende Konstruktionsmethode der spanischen Gitarre mit Fächerbeleistung bekannt. Bei Konzerten von Segovia und Llobet in Markneukirchen erhielt Richard Jacob höchstwahrscheinlich die Möglichkeit, deren Instrumente zu untersuchen. Daraufhin konzentrierte er seine Produktion auf Modelle dieser Bauart.
- Die Nachkriegszeit markiert einen dritten Abschnitt im Schaffen Richard Jacobs. In dieser Zeit bis zu seinem Tode 1960 entstanden – nicht zuletzt in Zusammenarbeit mit bedeutenden Gitarristen - die bis heute klanglich wertvollsten Instrumente.
Der Gitarrenbau setzte in Markneukirchen Ende des 18. Jahrhunderts ein, wobei zunächst neben den professionellen Geigenbauern auch Tischler als Hersteller arbeiteten. Die Produktion nahm kontinuierlich zu. Zu den frühen Zeugnissen des vogtländischen Gitarrenbaus zählt ein Instrument von Johann Christian Voigt (Musikinstrumenten-Museum der Universität Leipzig, Inv.-Nr. 3628).
Prospekt der Markneukirchner Handelsfirma Israel Kaempffens Söhne aus den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts Ein Prospekt der Markneukirchner Handelfirma Israel Kaempffens  Söhne aus den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts zeigt verschiedene Gitarrenmodelle, die als Vorbild den Wiener Gitarrenbau deutlich erkennen lassen. Die Wiener Schule lieferte in den Anfangsjahren einen Hauptteil an handwerklichem Wissen. Der Zwang für die Gesellen, sich auf Wanderschaft zu begeben, sorgte für diesen Transfer.
Im Jahre 1862 wurde dieser Zwang durch die Änderung der Innungssatzung aufgehoben. Dem Wissen um die Bedeutung einer guten Aus- und Weiterbildung wurde mit der Gründung einer Fachschule für Instrumentenbauer 1878 (Museum Markneukirchen 2000, S. 106. Die Fachschule entwickelte sich aus der Musikschule in Markneukirchen, die reorganisiert und erweitert wurde. Vgl. Bachmann 1883) und dem Aufbau des Musikinstrumentenmuseums 1883 Rechnung getragen. Händler brachten Instrumente durch ihre Geschäftsverbindungen aus aller Welt nach Markneukirchen.
Die Herstellung der Gitarren erfolgte im wesentlichen im Hausgewerbe, wobei der Meister allein oder mit ein bis zwei Gehilfen arbeitete. Oft befanden sich die Werkstätten in der Wohnung (vgl. Kauert 1969, S. 106f.). Anders als im Geigenbau, wo die Arbeitsteilung sehr stark ausgeprägt war, fertigten die Gitarrenbauer sowohl die meisten Bestandteile als auch die Instrumente selbst.
Prospekt der Markneukirchner Handelsfirma Israel Kaempffens Söhne aus den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts; Musikinstrumentenmuseum Markneukirchen
Im Jahr 1908 weist das Adressbuch der Stadt Markneukirchen 83 Gitarrenmacher aus, eines aus dem Jahr 1932 nennt insgesamt 190 Hersteller in Markneukirchen und den umliegenden Dörfern. Zur fabrikmäßigen Produktion von Gitarren und Mandolinen ging in den 1880 Jahren Georg Victor Emanuel Wettengel als erster vogtländischer Unternehmer über. Dieser kam jedoch weniger Bedeutung zu als beispielsweise im Geigenbau.
Hermann Richard Jacob wurde 1877 als zweitältestes von acht Kindern geboren. Schon sein Vater Carl August (1846-1918) war Gitarrenbauer und lieferte an die heimischen Verleger. Aufgrund des geringen Familieneinkommens wurde Richard dem Geigenbaumeister Christian Wilhelm Seidel, seinem Großvater mütterlicherseits, zur Erziehung gegeben (Jacob, M. um 1985, S. 2). Nachdem Richard Jacob in den Jahren 1891 bis 1894 eine Ausbildung zum Zithermacher absolviert hatte, folgte eine dreijährige Anstellung als Zithermachergehilfe. Nach seinem Militärdienst 1897 bis 1899 in Straßburg begann er als Gehilfe in der Werkstatt des Gitarrenbauers Wilhelm Voigt, der zuvor auch in Amerika gearbeitet hatte (vgl. Martin Jacob, um 1985, S. 1), wo er insgesamt sechs Jahre tätig war.
Von 1905 bis zu seiner Heirat 1911 mit Maria Magdalena Wächter aus Töpen (Bayerisches Vogtland) arbeitete er als nunmehr selbständiger Gitarrenbauer in der Werkstatt seines Vaters. Sowohl für Karl August als auch für Richard Jacob wird im Adressbuch der Stadt Markneukirchen 1908 in der Rubrik der Gitarrenmacher die Gartenstraße 123 angegeben. In den ersten Jahren seiner Selbständigkeit lieferte er an die zwei renommierten Verlegerfirmen Gebr. Schuster und F. und R. Enders (Maria Jacob 2000, S. 2). Nach seiner Familiengründung 1911 arbeitete er in einer eigenen Wohnung. Spätestens seit 1916 lautete seine Adresse Breitenfelder Strasse 77, wie aus einem als Feldbrief adressierten Karton an seine Frau hervorgeht. Richard Jacob diente als Soldat an der Westfront von 1914 bis 1916 (siehe Maria Jacob 2000, S. 2).
Die Wohnverhältnisse waren offenbar über lange Zeit sehr schwierig. In seinem Testament erwähnt Richard Jacob, er sei nach dem ersten Weltkrieg fünf Jahre ohne eigene Wohnung gewesen. Martin Jacob berichtet, daß sein Vater 1919 aus einer Wohnung ausziehen mußte, weil der Vermieter die unter der Decke hängenden Gitarren nicht duldete (Martin Jacob um 1985, S. 1). Den nächsten Adressennachweis liefert das Weltadressbuch der Musikinstrumentenindustrie 1925/26 von Paul de Wit. Der Eintrag lautet: "Richard Jacob. Guitarren-Macher, gegr. 1905. Klingenthaler Strasse 888".
Brandstempel "Weissgerber" Brandstempel der Gitarre Inv.-Nr. 4765
Das Jahr 1921 brachte einschneidende Veränderungen für die Geschäftsbeziehungen Richard Jacobs. Aufgrund des restriktiven Preisdiktats durch die Verleger entschloß sich Richard Jacob, fortan seine Kunden direkt zu beliefern. Er ließ sich den Namen "Weißgerber" als Markennamen schützen.
Der Name "Weißgerber" diente entsprechend lokaler Traditionen der Familie Jacob als Zusatzname, um sie von anderen Trägern des Nachnamens Jacob unterscheiden zu können. Die böhmischen Vorfahren arbeiteten über mehrere Generationen als Weißgerber, worunter man jene Gerber verstand, die mit Hilfe von Salz feines Leder, das vor allem für Handschuhe und Taschen Verwendung fand, gerbten. Seit 1921 tragen alle Instrumente Richard Jacobs den Brandstempel "Weissgerber". 
Inwieweit Richard Jacob wirklich keine Instrumente mehr an Verleger verkaufte, ist unklar. Im Katalog Nr. 70 der Firma Gebrüder Schuster und in einer Preisliste von 1930 derselben Firma sind die für Weißgerber sehr typischen Modelle "Tielke" und "Record" unter der Bezeichnung "Cid-Gitarren" abgebildet. Da sich die abgebildeten Modelle allerdings in einigen Details (Kopf, Griffbrettform u.a.) merklich von den Weißgerber-Instrumenten unterscheiden, ist eher ein anderer Hersteller wahrscheinlich. 
Katalog Schuster, um 1925 Angebotskatalog Nr. 70 der Handelsfirma Gebrüder Schuster (Schutzmarke "Cid"), Markneukirchen/Sachsen, um 1930, S. 67
Die Krisenzeiten nach dem ersten Weltkrieg veränderten die Lage der Musikinstrumentenbauer in Markneukirchen. Der Exporthandel war stark rückläufig und die Ergebnisse der Vorkriegsjahre wurden nicht mehr erreicht. Infolge der Inflation verloren viele Verleger und Industrielle ihr Vermögen. Die meisten der großen Verlagsfirmen mußten schließen. Die Firma Gebrüder Schuster war die einzige große Firma, welche die Inflation überlebte. Auch an Richard Jacob ging die Inflation nicht spurlos vorüber. Offenbar erlitt er merkliche Verluste. Seine Tochter Liska sieht darin die Ursache für die Anlage eines größeren Lagerbestandes an Instrumenten. Sein Kundenstamm war wahrscheinlich in dieser Zeit bereits so stabil, daß er nach Finanzbedarf verkaufen konnte.
Im Jahre 1929 bezog Richard Jacob ein eigenes Haus in der Goethestraße. Im Weltadressbuch der Musikinstrumenten-Industrie 1930 wird bereits die Goethestr. 2 als Geschäftsadresse geführt. Im "Adressbuch für Markneukirchen und Umgebung für 1932" erscheint interessanterweise neben dem Namen der Zusatz "Zithernm." Als wichtigen Grund für den Neubau führte er an, sein "Lebenswerk" unterbringen zu können (Martin Jacob, um 1985). Dennoch schränkte er wegen des allgemeinen Wohnungsmangels die Eigennutzung sehr stark ein und vermietete einige Wohnungen, wie er später selbst bekannte: "Ich nahm die kleinste Wohnung im Haus [...] und ließ meine beiden Söhne unter dem Dach schlafen. Das hatte gesundheitlich die Folge, daß der eine Sohn sich jahrelang mit einem chronischen Nasenkatarrh herumplagte und der andere immer Halsbeschwerden hatte." (R. Jacob 1948, S. 4)
Von der Weltwirtschaftskrise ab 1929, die sich auch auf den vogtländischen Musikinstrumentenbau in besonderem Maße auswirkte, blieb Jacob weitaus weniger berührt, nicht zuletzt aufgrund der bereits erwähnten Verkaufsstrategie. Arbeitslosigkeit, aufkommender Nationalsozialismus und der Abbruch vieler Handelsbeziehungen mit jüdischen Kunden im Ausland wirkten sich auf die kleineren Privatkundengeschäfte im Inland auch nicht so erheblich aus.
Seit 1932 arbeitete der 1917 geborene Sohn Arnold Jacob in der väterlichen Werkstatt mit. In den Augen des Vaters war er ein sehr guter Handwerker und Hoffnungsträger für die Fortsetzung der Werkstatttradition. Bereits nach kurzer Zeit baute er vor allem spanische Konzertgitarren in "bester Qualität" (Martin Jacob, um 1985, S. 3). 
Der Zweite Weltkrieg  wirkte sich auch für die Werkstatt Weißgerber einschneidend aus. Arnold Jacob starb infolge einer Kriegsverletzung an Diphtherie 1944 im Lazarett in Plauen. Ein Verlust, den der Vater bis an sein Lebensende nicht verschmerzen konnte. Die gesamte Werkstattarbeit und die Zukunftsplanung hatte sich ganz auf ihn konzentriert.
Der ältere Sohn Martin Richard (geb. 1911) hatte zwar 1926 in der väterlichen Werkstatt eine Ausbildung begonnen, brach diese aber vorzeitig ab. Nach einem Pädagogikstudium in Leipzig war er als Volksschullehrer im Schulbezirk Oelsnitz/Vogtland tätig. 1945 wurde er als Mitglied der NSDAP aus dem Schuldienst entlassen und begann im selben Jahr eine Umschulung zum Gitarrenbauer in der väterlichen Werkstatt. 1949 legte er die Meisterprüfung ab (Im Stadtarchiv Markneukirchen existiert in Verbindung mit einem Gewerbeantrag ein Lebenslauf Martin Jacobs). Obwohl Martin die Arbeit seines Vaters sehr schätzte, kam es immer wieder zu Unstimmigkeiten, vor allem in Bezug auf die angewendeten technologischen Abläufe.
In den Nachkriegsjahren beteiligte sich die Werkstatt Weißgerber an Reparationsleistungen für die Sowjetunion (R. Jacob 1948, S. 2;  in dem oben erwähntem Beschwerdebrief geht hervor, daß Jacob seit dem 3.2.1947 in den Wirtschaftsaufbau eingeschaltet war und mit seinem Sohne sein Produktionssoll für die Rote Armee erfüllte). Die Musikinstrumenten-Handwerker-Genossenschaft Markneukirchen (Migma, gegründet 1943), der auch Richard Jacob angehörte, erhielt zwischen 1945 und 1949 zahlreiche Aufträge von der Roten Armee. Von März bis Oktober 1947 wurden 8331 Instrumente im Wert von 1471399 RM geliefert (Markneukirchener Stadtgeschichte 1933-1948, Markneukirchen 1998, S. 76: Für die Ablieferung erhielten die Hersteller ein warmes Mittagessen).
Zeitweise mußte die Familie wegen der Beschlagnahmung von Wohnraum für "Neubürger" äußerst beengt arbeiten. In einem deshalb sehr energisch verfaßten Beschwerdebrief an das Wohnungsamt beschreibt Richard Jacob die damaligen Arbeitsverhältnisse:
"Weiter stehen Werkbänke, Tisch und Küchenmöbel so eng beieinander, daß man sich bei der Arbeit nur mit größter Geduld und Vorsicht bewegen kann,...Wenn mein Sohn oder ich Werkzeug aus dem gegenüberliegenden Schrank brauchen, müssen wir hinter dem Küchentisch herumlaufen. Schieben wir aber den Tisch zurück, so kann meine Frau vorn nicht kochen. Meine Frau arbeitet praktisch auf einem Raum von 2qm und mein Sohn und ich haben je 1qm. Alles andere ist verstellt und muß dauernd verschoben werden. Wie oft habe ich schon Löcher in fertig polierte Instrumente gestoßen (Beispiele können angesehen werden)."
Die einsetzende Planwirtschaft wirkte sich auch auf die Arbeitsbedingungen von Richard Jacob aus. Er litt unter den neuen Verhältnissen, die eine freie Handwerksausübung weitgehend behinderten. Die Arbeitsverhältnisse waren schwierig. Kontakte ins Ausland konnten nicht oder nur schwer aufrechterhalten werden.
Die Materialbeschaffung gestaltete sich zunehmend schwieriger. Insbesondere der Bezug von importierten Material unterlag einer unverhältnismäßigen Bürokratie, zumal die Handwerker zunehmend auf Importe angewiesen waren. Über die Mißstände beklagten sich die Vertreter der Handwerker-Genossenschaft bei höchsten Regierungsstellen (vgl. Joppig 1993, S. 74).
Der Absatz unterlag staatlichen Reglementierungen. Vor dem Verkauf wurde von einer Kommission die Qualität der Instrumente geprüft. Richard Jacob beklagte sich darüber in einem Brief an Siegfried Behrend. Um zu erreichen, daß eine Gitarre zum Künstlerinstrument eingestuft wurde, bedurfte es einer mehrwöchigen Prozedur. Jacob war Mitglied dieser Kommission. Der offizielle Auslandsverkauf verlangte gewaltige bürokratische Formalitäten und wurde daher über die Genossenschaft abgewickelt. Richard Jacob befasste sich damit jedoch nicht und lieferte nur noch ins Inland (vgl. Brief an Hansgeorg Pega, Wiesbaden, vom 14. Juli 1959).
In einem Brief vom 14. Juli 1959 an einen westdeutschen Kaufinteressenten erklärt er: "Es ist mein höchster Wunsch, wieder in aller Freiheit, wie vor dem Kriege der Arbeit und dem Versand nachgehen zu können. Aber die Aussichten sind schlecht. Hoffen wir weiter."
Richard Jacob starb am 17. Juli 1960 im Alter von 83 Jahren an Magenkrebs. Seine ihm sehr verbundene Frau Maria Magdalena überlebte ihn und starb 1969.
Die Mehrzahl der Markneukirchener Gitarrenbauer befriedigte um 1900 die Anforderungen des Exportgeschäfts z.B. nach Übersee und produzierte die gängigen spanischen, französischen und deutschen Modelle (Vgl. z.B. Katalog Paul Stark 1893). Die Massenproduktion schien deutlich den Vorrang vor kunsthandwerklichem Gitarrenbau zu besitzen.
Das künstlerische Ansehen, das die Gitarre in Markneukirchen besaß und die entsprechende Zielstellung bei der Gesellenausbildung werden anhand einer Äußerung von Richard Seuß, Gewerbelehrer an der Fachschule für Musikinstrumentenbauer in Markneukirchen, aus dem Jahre 1933 deutlich: "Wer kann so wacker das Fahrenlied begleiten, wer kann so drollig die Schnadahüpfs würzen, wer kann so inniglich das beschauliche Volkslied umweben, wie es die Klampfe tut! Dabei ist sie so anspruchslos! Wenn sie nur begleiten kann, dann ist’s ihr schon recht! [...] Unser Meister setzt nun den Hals mit Griffbrett und Wirbeln in den Schallkörper ein, leimt den Steg auf und paßt das Knöpfchen für den Traggurt ein. Nun zieht er die 6 Saiten auf, stimmt sie ein und ‚Schrumm – schrumm‘, - die Gitarre ist geboren für sangesfrohe Leute!" (Seuß 1935, S. 315-316)
Richard Jacob stellte gänzlich andere Ansprüche an das Instrument. Die hochwertige Arbeit seines Vaters dürfte nicht unmaßgeblich dieses Postulat geprägt haben. Bis zu seiner Heirat reiste er sehr viel, vor allem nach Süddeutschland und Österreich. Dabei konnte er Entwicklungen in Deutschland wahrnehmen.
Mit den Aktivitäten des 1899 gegründeten Internationalen Gitarristen Verbandes (IGV), der sein Zentrum in München hatte, und dem tonangebend Otto Hammerer, Heinrich Scherrer, Heinrich Albert und Fritz Buek angehörten, erwachte in der Öffentlichkeit das Interesse an der Gitarre neu. Der Schwerpunkt der Arbeit dieses Verbandes lag in Deutschland. Eine Aufstellung der Mitglieder von 1900 zeigt aber auch eine starke Vertretung von Rußland und Österreich (vgl. Huber 1995 S. 34ff.). Es wurde auf die Traditionen des Biedermeier zurückgegriffen, die Literatur des 19. Jahrhunderts herangezogen. Einerseits entwickelte sich die Gitarre als Soloinstrument in der Kunstmusik, andererseits fand sie als Dilettanteninstrument und zur Liedbegleitung in der bürgerlichen Haus- und Salonmusik erneute Verbreitung (Eine sehr ausführliche Beschreibung des Repertoires der IGV ist bei Huber 1995, S. 199ff. dargestellt). Auch die Jugendbewegung bemächtigte sich der Gitarre. Die daraus hervorgehende Jugendmusikbewegung nach dem 1. Weltkrieg (z. B. die Wandervögel) gab jedoch dem Lautenspiel (genauer: der Gitarrenlaute) den Vorzug und lehnte die Gitarre als "mechanistisches" Instrument ab (vgl. Huber 1995, S. 193f.).
Der Gitarrenbau knüpfte ebenfalls an Traditionen des 19. Jahrhunderts an. Vor allem die späteren Entwicklungen wie Baß- , Bogen- und Wappengitarre aus dem deutsch-österreichischen Raum dienten innerhalb der IGV als Basis für Weiterentwicklungen. (Eine Abbildung der Gitarresammlung des IGV-Initiators Otto Hammerer mit neun- und zehnsaitigen Baß- und Bogengitarren, sechssaitigen Gitarren in Wiener- bzw. Wappenform zeigt Huber 1995, S. 142).
Auch Richard Jacob griff zunächst den allgemeinen Zeitgeist auf und orientierte sich an der Gitarre des Biedermeier. In seiner ersten Schaffenszeit zog er Gitarren des 19. Jahrhunderts als Vorbild- und Studieninstrumente heran.
Wie stark Richard Jacob in dieser frühen Zeit mit dem Internationalen Gitarrenverband in Verbindung stand, ist unklar. In der Mitgliederliste von 1900 sind aus Markneukirchen die Instrumentenfabrikanten Paul Herrnsdorf und Georg Victor Emanuel Wettengel eingetragen (Huber 1995, S. 35ff.). Die Entwicklung  des Gitarrenspiels wurde in der Stadt jedenfalls mitverfolgt. In der in München herausgegebenen Zeitschrift "Der Gitarrefreund" beteiligt sich in den zwanziger Jahren Peter Harlan, Handwerker, Musiker und Philosoph, rege an der Diskussion des Gitarrenbaus. Dieser ist  für die Belebung der alten Musik von Bedeutung, indem er in dieser Zeit in seiner Werkstatt Nachbauten verschiedener historischer Instrumente herstellen ließ.
Die in Deutschland konzertierenden Künstler wurden auch nach Markneukirchen eingeladen. Veranstalter war ein Zupfinstrumenten- bzw. Zupfinstrumentenbauer-Verband Markneukirchen und Umgebung. Die Besuche von Miguel Llobet und wiederholt von Andrés Segovia in den zwanziger Jahren  veranlassten Richard Jacob, seine Produktion umzustellen und Gitarren spanischer Bauart herzustellen.
Auch mit Emilio Pujol und Luise Walker, die ebenfalls in der Region gastierten, dürfte Jacob in Kontakt gekommen sein. In der Zeitschrift "Der Gitarrefreund" erscheinen bald regelmäßig Anzeigen von Richard Jacob.
Annonce in: Der Gitarrefreund 26. Jg. Nr. 7/8, S. 4
Der hohe Anspruch, den Richard Jacob sich für seine Arbeit setzte, wird schon an seiner Firmenbezeichnung deutlich: "Kunstwerkstätte Weißgerber". Für manchen Markneukirchener wirkte das wohl befremdlich und wurde sicher auch als Überheblichkeit gewertet. Doch führten anderenorts Werkstätten, wie beispielweise die Hermann Hausers in München, ebenfalls die Bezeichnung "Kunstwerkstätten" im Firmennamen. Der mit dem Werkstattnamen artikulierte Anspruch fand rasch eine deutliche Bestätigung in der Fachwelt, wie der Berliner Fachzeitschrift "Musikindustrie" vom 24. September 1921 zu entnehmen ist:
"An dieser Stelle möchte ich jeden Reflektanten aparter vornehmer Arbeit, auf die in zahlreichen Geschmacksrichtungen und Stilarten gebauten "Weißgerber"-Gitarren aufmerksam machen.  – Ein stiller denkender Mann, für den ich gerne eine Lanze breche, der den Namen Gitarrbaumeister mit Recht trägt in künstlerischer, sauberer Arbeit und Vielseitigkeit weit über das Schaffen der besten Meister hinaus! Ein Mensch, den sich Markneukirchen nicht entgehen lassen sollte, zum Nutzen der Allgemeinheit, als Stolz der Industrie, der aber verdient, aus der Verborgenheit Markneukirchens, ans Licht gebracht zu werden." (Nach Jacob 1933: Zs. Musikinstrumentenindustrie Nr. 20. Berlin Sept. 1921).
1933 gab Richard Jacob einen Katalog, in dem seine wichtigsten Gitarrenmodelle beschrieben und abgebildet wurden, heraus. Zudem ließ er verschiedene Werbepostkarten mit Fotographien seiner Instrumente drucken.

Weißgerber betrieb auch einen Instrumentenhandel. Im Katalog verweist er auf ein weiteres Angebotsverzeichnis "Hausmusikinstrumente für alte und neue Musik", in dem er Gamben, Quintons, Fideln, einfache und doppelchörige Lauten und Gitarren, Mandolinen, Zithern, Violinen, Bratschen, Akkordeons, Saiten usw. anbietet. Dieser befruchtete das Gitarrengeschäft, vor allem im Bereich der Dilettantenmusik. Seine Kunden kamen vorwiegend aus dem Inland. Süddeutschland und Österreich waren bevorzugte Absatzgebiete.
Werbepostkarte, um 1930
Mit seinen Künstlerinstrumenten erlangte Richard Jacob bald internationalen Ruf. Er stand mit zahlreichen bedeutenden Gitarristen in Kontakt, wie die Nachlaß überlieferten Briefwechsel belegen. Zusammen mit diesen Musikern arbeitete er an der Weiterentwicklung der Gitarre als Konzertinstrument. Er erhielt von diesen nicht nur Anregungen, sondern auch Aufträge zum Bau bestimmter Modelle. Heinz Teuchert, Begründer der Frankfurter Gitarren- und Lautenschule, ließ sich eine Barock- und eine Renaissance-Laute bauen (Libbert 1994, S. 31f.). Zu Karl Scheit, Professor an der Musikhochschule in Wien, bestand zunächst ein intensives Verhältnis, das sich in späteren  Jahren jedoch aufgrund von Meinungsverschiedenheiten auflöste. Ein Leningrader Professor gab eine siebensaitige Terzgitarre in Wappenform in Auftrag (Martin Jacob 1971).
Eine ganz besondere Beziehung entwickelte sich ab 1951 zwischen Siegfried Behrend und Richard Jacob (Henke 2000). Die erste Begegnung wird 1951 oder in den letzten Monaten des Vorjahres stattgefunden haben. In den letzten Lebensjahren des Gitarrenbauers bestand eine freundschaftliche Verbindung, gepaart mit einer intensiven fachlichen Diskussion. Behrend, der bereits in sehr jungen Jahren eine meisterliche Spieltechnik entwickelte, fand in Jacob einen erfahrenen und offenen Meister, der gewillt war, auf die klanglichen Vorstellungen des Gitarristen einzugehen. Die Anzahl der gebauten Instrumente verringerte sich. Richard Jacobs kommentierte das pointiert: "Von Jahr zu Jahr weniger und besser" (nach Maria Jacob, 2000, S. 4). Seinen in mehreren Jahrzehnten erworbenen Erfahrungsschatz ließ er in die Instrumente seiner späten Schaffensphase eingehen. Tatsächlich entstanden in dieser Zeit diejenigen Instrumente, die ihm endgültig Weltgeltung verschafften.
Inhalt  |  Werk  |  Weißgerber-Gitarren: Überblick
© STUDIA INSTRUMENTORUM MUSICAE 2000