Toggenburger Halszither |
Andreas Michel |
In der Schweiz fand die Zister nach dem Ende der
allgemeinen Verbreitung dieses Instruments in West- und Mitteleuropa ein
Refugium, in dem nicht nur der Gebrauch fortlebte, sondern in dem sich auch vier
individuelle Typen herausbilden konnten. Einen dieser Typen stellt die
Toggenburger Halszither - benannt nach dem Tal im Kanton St. Gallen - dar.
Toggenburger Halszithern weisen einheitliche, markante Merkmale auf: |
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relativ große Mensuren: ca. 51 cm |
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dreizehn Saiten in fünf Chören (2 x 2 + 3 x 3) |
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Dreiklangsstimmung in c g c' e' g' |
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zwölf Bünde |
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zwei zusätzliche Rosetten, die in die Decke gestochen wurden |
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in der Regel Lochbohrungen im Griffbrett und Hals zur Aufnahme eines Kapodasters |
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relativ hohe Zargen, die sich zum Unterklotz hin verjüngen |
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einen mit Draht am Sattelknopf angebrachten Saitenhalter mit Metallhaken |
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gedrechselte Halbsäulchen am Halsansatz |
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eine runde, gedrechselte Kopfplatte als Wirbelkastenabschluß |
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mit Tusche auf die Decke gemalte Ornamente |
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Alle überlieferten Toggenburger Halszithern besitzen keine Signatur. Früheste
Belege für den Typ stammen aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts. Eine
Zeichnung von Ludwig Vogel (Schweizerisches Landesmuseum Zürich, Inv.-Nr. ML 27
621) die sich etwa auf 1820 datieren läßt, zeigt eine weibliche Figur mit einer
Toggenburger Halszither. 1895 entstand in Krinau (Obertoggenburg) eine
Fotografie, auf der das Instrument in den Händen von Textilarbeiterinnen zu
sehen ist. |
Ludwig Vogel: Mädchen mit Toggenburger Halszither, Zeichnung,
Schweizerisches Landesmuseum Zürich, Inv.-Nr. 27621. Repr. nach Bachmann-Geiser
1981, Taf. 28a |
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Textilarbeiterinnen aus Krinau mit Toggenburger Halszither. Fotografie aus dem
Jahre 1895. Repr. nach: Geiser 1974, S. 263, Abb. 7 und Bachmann-Geiser 1981,
Taf. 29 |
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Zur Sammlung des Musikinstrumenten-Museums der Universität Leipzig gehören zwei
Toggenburger Halszithern (Inv.-Nr. 615 und 616), deren Herkunft auf Grund der
sehr vagen Beschreibungen in den ersten Katalogen von Kraus und de Wit unerhellt
bleiben muß. Paul de Wits Bemerkung zur Nummer 90 im Katalog von 1893 (S. 21),
die unverändert auch im Verzeichnis von 1903 (Nr. 205, S. 82) nachgedruckt wurde
- "Cister, ziemlich rohe Arbeit aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Der sehr
lange Hals ist dem der Violine ähnlich. Das Instrument ist mit 13 Metallsaiten
bezogen" - dürfte eine der beiden Toggenburger Halszithern meinen. |
Literatur |
B. Geiser: Cister und Cistermacher in der Schweiz. In: Studia instrumentorum
musicae popularis III, Stockholm 1974, S. 51-56 und 263-265; dies.: Die Zithern
in der Schweiz. In: Glareana XXIII (4/1974), S. 43-87; B. Bachmann-Geiser: Die
Toggenburger Halszither als Cister. Ein Volksmusikinstrument der Schweiz als
lebendiges Zeugnis eines Kunstmusikinstruments der Renaissance. In: Volkskunst
III (1980), S. 218-222; dies.: Die Volksmusikinstrumente der Schweiz. Leipzig
1981 (= Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente I/4), S. 60ff. |
Inhalt |
Zistern - Übersicht |
Bibliographie |
615 |
616 |
© STUDIA INSTRUMENTORUM MUSICAE 2001 |