Modell "Strad" |
Annabelle Kießig |
Offensichtlich in Affinität zur
Bedeutung und Symbolträchtigkeit des Namens Stradivari wählte Richard
Jacob für eines seiner späten Modelle die Bezeichnung "Strad". Die unter
diesem Namen vorliegende Gitarre Inv.-Nr. 4774 fällt darüber hinaus vor
allem durch ihren Umriß auf. Zwar baute bereits 1854 Antonio de Torres
sechssaitige Gitarren mit ähnlichem Umriß (vgl. Romanillos 1990, S. 211:
FE 02; Korpuslänge 445 mm, Mensur 652 mm), mehr aber noch erinnert diese
Umrißform an die Dreadnought-Modelle von der Firma Martin. 1916 hatten
Frank Henry Martin und Harry Hunt diese Form entworfen und für die
Ditson-Company bis 1921 einige Gitarren gebaut. |
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Erst ab 1931 kamen sie durch die eigene Firma auf den
Markt. Seitdem werden sie in verschiedensten Formen
angeboten (Schmitz 1988, S. 119; Longworth 1987, S. 43). Im
Katalog von August Schulz, Nürnberg, wird 1926 eine ähnlich
geformte Gitarre Modell "Solist" angeboten, welche einen
"weittragenden, vollen Ton" haben soll (Huber 1995, S. 146).
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Umrisse: Martin D28 / Weißgerber Modell Strad; vgl.
Carter 1995, S. 47f. |
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August Schulz lernte bei August Roth in
Markneukirchen. Karl Huber schreibt, daß August Roth die
Form der späteren Dreadnought-Modelle der Firma Martin
vorwegnahm. Jedoch gab es diese und ähnliche Formen schon
früher. Inwieweit diese Dreadnought-Gitarren in Deutschland,
insbesondere in Nürnberg und Markneukirchen, bekannt waren,
wäre noch genauso zu klären wie die Frage, warum und seit
wann Richard Jacob diese Modelle baute. |
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Richard Jacob: Modell Strad, Markneukirchen 1950; Inv.-Nr. 4774 |
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In der Sammlung des Leipziger
Musikinstrumenten-Museums befinden sich zwei unterschiedlich große
Deckenschablonen des Modells "Strad" mit eingezeichneter Beleistung (Inv.-Nr.
5072/347). Dabei sind je drei Fächerleisten auf der Vorder- und
Rückseite vermerkt, die sich meist außerhalb des Korpus treffen und
symmetrisch sind. Auf der kleineren Schablone (Korpuslänge: 457 mm) ist
die Bezeichnung "Hohlkehle" vermerkt. Die Gitarre Inv.-Nr. 4774 stimmt
mit der größeren Schablone überein (Korpuslänge 475 mm) und hat zudem
Hohlkehlen an Decke und Boden. Das Material von Decke und Boden, Fichte
und Ahorn, ist Holz aus Rumänien (Martin Jacob 1971). Diese Hohlkehlen
gibt es ebenso bei zwei Torres-Modellen in der Sammlung des
Musikinstrumenten-Museums (Inv.-Nr. 4771
und 4772) sowie bei weiteren
Gitarren. Richard Jacob hat diese Bauweise vom Geigenbau auf einige
seiner Modelle übertragen, da er sich vielleicht eine klangliche
Veränderung bzw. Verbesserung erhoffte, welche in Verbindung mit einem
vergrößerten Deckenfläche zur Optimierung von Lautstärke und
Tragfähigkeit führen könnte. |
Inhalt |
Gitarren: Übersicht
| 4774 |
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