Tastenzister
Steffen Milbradt
Die mit Metallsaiten ausgestatteten Zistern wurden bis in das 18. Jahrhundert hinein prinzipiell mit einem Plektrum - in der Regel einem Federkiel - gespielt. Dieser Saitenanschlag bestimmte den individuellen, unverwechselbaren Klang des Instruments. Aus der Plektrumspielweise begründete sich die Faktur der Zisternmusik. Für die Ausgliederung der Zister aus dem zeitgenössischen Instrumentarium des Generalbaßzeitalters dürfte im wesentlichen die mit Plektrumanschlag kaum realisierbare Ausführung polyphoner Sätze verantwortlich sein. Versuche, die Zistern im Fingeranschlag (analog etwa zu Gitarre und Laute) zu spielen, lassen sich vereinzelt beobachten, bleiben aber Ausnahmen. Die Metallsaiten sperren sich einem Fingeranschlag.
Um besonders "das Spiel für zarte Damenhände zu erleichtern", erfand 1783 der in London lebende deutsche Instrumentenmacher Christian Clauss eine Tastatur zum Anschlag der Zistersaiten: "Improvement upon the Musical Instrument commonly called the Guittar" (engl. Patent Nr. 1394). Bei seiner oberschlägigen Tastenzister ("keyed guitar") erfolgte der Saitenanschlag durch einen Hammer mit Stoßmechanik ohne Auslösung von oben. Auf der Decke wurde in einem abnehmbaren Kästchen die Anschlagsmechanik untergebracht, so daß das Instrument auch gezupft werden konnte (vgl. Inv.-Nr. 626).
Ein Jahr später entwickelte ebenfalls in London der Instrumentenmacher William Jackson eine unterschlägige Tastenzister: "The British Lyre" (engl. Patent Nr. 1449), bei der auf der Decke angebrachte Tasten die Hämmer betätigen, die sich im Inneren des Korpus befinden. Durch die durchbrochene Rosette werden die Saiten von unten angeschlagen. Jacksons Mechanik besaß eine Auslösung; nach dem Anschlag fällt der betätigte Hammer in die Ausgangslage zurück.
Hammermechanik der Tastenzister Longman & Broderip, um 1800, Inv.-Nr. 628
Hammermechanik der Tastenzister Longman & Broderip, um 1800, Inv.-Nr. 628
A, C Welle
D Dämpfer
F Feder
H Hammerkopf
K Klaue
N Nocken
P Auslösepuppe
S Stoppleiste
T Taste
Th Tastenhebel
Als bekannteste Hersteller von Tastenzistern galten die Manufakturen von John Preston und von Longman & Broderip. Preston verwandte die sogenannte oberschlägige Hammermechanik, Longman & Broderip bevorzugten für ihre "piano forte guitar" die unterschlägige Hammermechanik mit Dämpfung und Auslösung.
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© STUDIA INSTRUMENTORUM MUSICAE 2007